Arbeitslos? Erwerbslos? Wo ist da der Unterschied?
Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner können beruhigt aufatmen: Die Arbeitslosigkeit lag laut dem Amt für Volkswirtschaft Ende 2023 bei entspannten 1.4%. Im internationalen Vergleich ist das ein absoluter Spitzenwert. Während unsere EU-Nachbarn mit 5.8% kämpfen, können wir uns quasi zurücklehnen. Oder etwa nicht?
3.0% Erwerbslosenquote 2023
Nun ja, ein genauerer Blick lohnt sich. Denn heute hat das Amt für Statistik erstmals die Erwerbslosenquote veröffentlicht, und siehe da: Plötzlich stehen dort 3.0%. Aber Moment mal! Wie kann es sein, dass in einer Statistik nur 300 Menschen ohne Job sind, in der anderen aber 576? Hat sich hier jemand verzählt?
Zwei Methoden, zwei Wahrheiten
Die Arbeitslosenquote des Amtes für Volkswirtschaft ist simpel: Sie zählt alle Personen, die offiziell beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos gemeldet sind. Wer sich nicht meldet, ist in dieser Statistik nicht als arbeitslos erfasst.
Die Erwerbslosenquote hingegen basiert auf verschiedenen Datenquellen, wobei neben den Informationen des AMS auch Angaben aus Befragungen verwendet werden. In diesen Erhebungen wird direkt nach dem Arbeitsstatus gefragt, was bedeutet, dass auch jene Personen, die nicht beim AMS registriert sind, aber trotzdem eine Stelle suchen, als arbeitslos erfasst werden. Dazu gehören zum Beispiel junge Eltern, die nach der Babypause wieder einsteigen wollen, oder Selbstständige, deren Geschäft gerade nicht rund läuft.
Vor- und Nachteile der Methoden
Der Vorteil der Erwerbslosenquote? Sie gibt ein umfassenderes Bild des Arbeitsmarktes. Der Nachteil? Nicht alle Befragten beantworten den Fragebogen, weshalb mit Schätzungen gearbeitet werden muss. Zudem gibt es die Erwerbslosenquote nur einmal pro Jahr mit einer erheblichen Verzögerung, während die Arbeitslosenquote monatlich schon ein paar Tage nach Ende des Monats aktualisiert werden kann. Aus diesem Grund werden in diesen Zeilen für die Erklärung der Differenz Zahlen von 2023 einander gegenübergestellt.
Normalerweise verlaufen beide Quoten relativ parallel: Steigt die Arbeitslosigkeit beim AMS, steigt meist auch die Erwerbslosenquote. Doch Ende 2023 war das anders: Während die Arbeitslosenquote stabil bei 1.4% blieb, stieg die Erwerbslosenquote um 0.4 Prozentpunkte auf 3.0%.
Was bedeutet das für Liechtenstein?
Müssen wir uns Sorgen machen? Wohl kaum. Auch mit 3.0% ist Liechtenstein in Europa gut dabei. Den Spitzenplatz nimmt Tschechien mit 2.5% und auch Polen, Norwegen und die Niederlande weisen eine tiefere Quote als Liechtenstein aus. Aber eben: 3.0% sind nicht 1.4%. Wer also mit Arbeitslosen- und/oder Erwerbslosenzahlen jongliert, sollte sich der Differenz und der Gründe dafür bewusst sein. Denn nicht alles, was nach niedriger Quote aussieht, ist auch wirklich so niedrig.
